Jes. 22, 15-25

Bevor wir in diesen Text einsteigen, möchte ich folgendes vorausschicken: Hier geht es nicht um die Lebensgeschichte zweier Männer aus längst vergangenen Zeiten. Vielmehr geht es hier um das Haus Gottes und seine Verwalter. Das Haus Gottes, die Hütte Davids, das neue Jerusalem – all das sind Bilder für die Gemeinde Gottes, den Leib Christi (Apg. 15, 16-17; Hebr. 12, 22-23). Was dieser alttestamentliche Text beschreibt, sind zwei verschiedene Leiter und Konsequenzen ihrer Leiterschaft, und zwar im Haus Gottes, in der Gemeinde.

Der Prophet Jesaja wird mit einer Botschaft zu Schebna geschickt, der als Verwalter über den Palast gesetzt ist (V. 15). Zu dieser Zeit war Hiskija König von Juda in Jerusalem. Hiskija tat in den Augen Gottes das Richtige, er war ein gottesfürchtiger König, doch er war schwach und gab dem König von Assyrien alle Schätze, selbst das Gold aus dem Tempel Gottes.

Die Art und Weise, wie Gott Jesaja beauftragt, zu Schebna zu gehen, gibt uns einen ersten Anhaltspunkt darauf, wie Gott Schebna sieht. „So sprach der Herr, der HERR der Heerscharen: Auf! Geh zu diesem Verwalter da, zu Schebna, der über das Haus des Königs bestellt ist, und sprich: Was hast du hier, und wen hast du hier, dass du dir hier ein Grab aushaust? – du, der sein Grab aushaut hier auf der Höhe, sich eine Wohnung in den Felsen meißelt?“ (V. 15-16 ELB). Aus diesen Worten klingt Sarkasmus und Verachtung. „Dieser Verwalter da – wie war sein Name noch mal? Ach ja, Schebna…“ Wir können außerdem ziemlich sicher sein, dass Schebna nicht an seinem eigenen Grab gebaut hat, doch das war Gottes Bezeichnung für Schebna’s Tätigkeit.

Jesaja kündigt ihm an, dass Gott ihn aus seiner Position entfernen wird: „Siehe, der HERR wird dich weit wegschleudern, dich hin- und herschütteln, Mann! Er wird dich fest packen, zu einem Knäuel wird er dich fest zusammenwickeln, wie den Ball dich wegschleudern in ein Land, das nach beiden Seiten weit ausgedehnt ist. Dort wirst du sterben, und dorthin kommen deine Prunkwagen, du Schande für das Haus deines Herrn!“ Beachte das Urteil Gottes über Schebna! Und wir finden auch einen Anhaltspunkt darauf, womit Schebna dieses Urteil verdient hat. Offensichtlich waren die Prunkwagen für Schebna von großer Bedeutung, sie wurden ihm quasi als Grabbeilage versprochen.

Eljakim wird als Nachfolger angekündigt. Ihm sollen das Gewand, der Gürtel und die Vollmacht Schebna’s übergeben werden. Schebna hatte also alle äußeren Anzeichen eines Vorstehers im Haus Gottes. Er war als Leiter erkennbar, und er hatte auch die dazugehörige Vollmacht über das Haus. Doch was offensichtlich nicht stimmte, war seine Gesinnung. Er befand sich „hoch oben“ (ein Bild für Gebet), er meißelte sich eine Wohnung in den Felsen (ein Bild für Offenbarungserkenntnis, vgl. Mt. 16,18), doch sein Hauptinteresse galt offensichtlich den Prunkwagen und was möglicherweise sonst zu noch einer solchen Ehrenstellung im Palast Jerusalems gehörte. Interessant ist, dass nicht Hiskija als König einen neuen Verwalter für den Palast bestimmt, weil der bisherige versagt hat, sondern dass es ist Gott selbst, der sein Urteil über Schebna spricht und ihn aus seiner Position entfernt. Mag sein, dass das Volk von Jerusalem mit Schebna als Verwalter im Haus des Königs ganz zufrieden war, doch Gott war es nicht!

Gott sagt über Eljakim: „Er wird den Bürgern von Jerusalem und dem Haus Juda ein Vater sein“ (V. 21). Hier wird das Herz Gottes deutlich, was für eine Art von Leiterschaft er sich in seinem eigenen Haus wünscht! Gott sucht eine Leiterschaft, die für das Volk Gottes Väter und Hirten sind. Solche Menschen also, die das Wohl des Volkes Gottes als ihren Auftrag sehen. Jesus selbst sagte seinen Jüngern, dass der größte unter ihnen der Diener aller sein sollte. Leiterschaft im Haus Gottes ist keine Position für den eigenen Ruhm, das eigene Wohlbefinden und den eigenen Wohlstand (zumindest darf es nicht die erste Priorität sein, aber dazu gleich mehr). Leiter nach Gottes Herzen sind Männer und Frauen, denen das Volk Gottes, die Gemeinde, am Herzen liegt.

Doch nun schau dir an, was Eljakim von Gott gegeben wird, und was Schebna demnach anscheinend nicht hatte: „Und ich werde den Schlüssel des Hauses David auf seine Schulter legen. Er wird öffnen, und niemand wird schließen, er wird schließen, und niemand wird öffnen.“ (V. 22). Die Schlüssel Davids stehen für höchste Autorität. Auch Jesus erwähnt diese „Schlüssel des Reiches der Himmel“ und sagt: „Was du auf Erden bindest, das wird im Himmel gebunden sein; und was du auf Erden löst, das wird im Himmel gelöst sein“ (Mt. 16, 19). Und in Offenbarung 3, 7 heißt es: „(…) dies sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der den Schlüssel Davids hat, der öffnet, und niemand wird schließen, und schließt, und niemand wird öffnen (…).“ Wer den Schlüssel Davids hat, besitzt eine Autorität, die direkt vom Himmel kommt, und der keine andere Autorität widerstehen kann. Das Volk Gottes sollte heute auf Erden der bestimmende Faktor sein. Jesus selbst hat uns seine Vollmacht übertragen, die Gemeinde sollte ein Herrschaftsfaktor sein. Warum das momentan offensichtlich nicht der Fall ist, hat mit Sicherheit verschiedene Gründe. Doch wenn wir eine Gemeinde wollen, die in dieser Autorität steht, ist die Leiterschaft ein wesentlicher Schlüssel!

Gott verspricht Eljakim genau diesen Schlüssel, doch schau dir an, was außerdem folgt: „Und ich will ihn als Pflock einschlagen an einem festen Ort, und er soll ein Ehrenthron für das Haus seines Vaters werden, so daß die ganze Herrlichkeit seines Vaterhauses sich an ihn hängen wird, die Sprößlinge und die Abkömmlinge, alle kleinen Gefäße, von den Tonschalen bis zu allen Krügen.“ Hier geht es wiederum nicht um Eljakims Abstammung, sondern was Gott hier verspricht, ist, dass seine eigene Herrlichkeit in diesem Haus erscheinen wird. Wir sehen hier zwei gewaltige Verheißungen für göttliche Leiterschaft: Autorität und die Gegenwart der Herrlichkeit Gottes. Der hebräische Ausdruck „kabod“ bezeichnet außer Herrlichkeit auch Schwere und Reichtum. Übrigens ist ein Thron nichts anderes als ein Herrschersitz. Wir finden hier also eine weitere Bestätigung dafür, dass unter einer solchen Leiterschaft die Herrschaft der Gemeinde aufgerichtet und die Herrlichkeit Gottes sichtbar wird. Gott verheißt also, dass unter Eljakim seine Fülle ausgegossen wird, und zwar nicht nur auf Eljakim selbst, sondern das ganze Volk.

Und Schebna? Schebna wird der Untergang angekündigt: „An jenem Tag, spricht der Herr der Heerscharen, wird der Pflock, der an dem festen Ort eingeschlagen war, weichen; ja, er wird abgehauen werden und fallen, und die Last, die daran hängt, wird zugrundegehen; denn der Herr hat es geredet“ (V. 25). Bedeutsam ist der Begriff Last. Denn eine zweite Bedeutung dieses Ausdrucks ist auch „Ausspruch“ oder ein „prophetisches Wort“. Nun magst du einwenden, dass Gott seine Meinung nicht ändert, und dass das, was er verheißen hat, zustande kommen wird. Und da gebe ich dir recht! Gott ändert seine Meinung nicht, doch wir selbst und unsere eigene Lebensführung spielen eine entscheidende Rolle! Gott nimmt seine Berufung nicht von uns, doch wir können aus unserer Berufung gehen.

Ich bin davon überzeugt, dass Schebna das gleiche hätte erleben können, wie es für Eljakim angekündigt wurde, wenn seine Haltung richtig gewesen wäre. Doch so muss Gott die Leiterschaft in seinem Haus austauschen. Tauscht Gott noch heute Leiter aus? Ich bin davon überzeugt. Heißt dass, das sie sterben? Das glaube ich nicht. Doch ich denke, dass Gott solchen Leitern Türen verschließt, Beziehungen verhindert und ihren Wirkungskreis begrenzt. Sie werden nicht ausgerottet, doch sie kommen auch nicht in ihr eigentliches Potential. Das ist extrem traurig, doch immer noch besser als der totale Untergang.

Das Haus Gottes ist eine heilige Sache. Unser Denken, Reden und Handeln im Haus Gottes ist eine extrem ernste Angelegenheit. Wir befinden uns in den letzten Tagen vor der Wiederkunft Jesu, eine gewaltige Ernte wartet darauf eingeholt zu werden. Es werden enorme Veränderungen über Deutschland und Europa kommen, und der Faktor Zeit ist so knapp und kostbar wie nie zuvor. Es ist eine Zeit, in der Gott seine Ordnung aufrichtet, und das beginnt in seinem eigenen Haus. Lasst uns sensibel werden für das Reden des Heiligen Geistes zu uns! Gott kommt mit Sicherheit zu seinem Ziel – die Frage ist: Sind wir dabei, oder werden wir zwischendurch ausgewechselt?

Übrigens lesen wir erstaunlicherweise weiterhin von Schebna, und zwar als Schreiber: „Darauf kamen Eljakim, der Sohn Hilkijas, der über den Palast gesetzt war, und Schebna, der Schreiber, und Joach, der Sohn Asaphs, der Kanzleischreiber (…)“ (2. Kön. 18, 37). Ich denke, Schebna hat Jesajas Schuss vor den Bug verstanden und Buße getan. Eljakim hat seine Position eingenommen, doch Schebna dient weiterhin im Palast des Königs und ist dem Tod durch das Gericht Gottes entgangen.

Photo (C) Angelika Wecker