Und achtet darauf, dass nicht jemand die Gnade Gottes versäumt, dass nicht etwa eine bittere Wurzel aufwächst und Unheil anrichtet und viele durch diese befleckt werden (Hebr 12,15)
Gestern haben wir uns Bäume und Früchte angeschaut, heute wollen wir eine Schicht tiefer gehen und uns mit Wurzeln beschäftigen. Und den krassesten Vers zu diesem Thema finden wir im Hebräer-Brief.
Eine Wurzel ist der verborgene Teil einer Pflanze. Die Wurzel befindet sich unter der Erde, von dort treibt der Stiel aus, dann kommen Blätter oder ganze Äste, Blüten und Früchte. Wie schon gestern festgestellt, ist eine Pflanze nicht hässlich, wenn sie schlecht für uns ist! Das wäre zu leicht. Doch irgendetwas bahnt sich den Weg nach oben, es ist grün, macht hübsche Blüten und sieht irgendwie nett aus. Die Wirkung auf deinen Garten zeigt sich erst später. Manchmal wächst etwas und raubt allem anderen die Sonne, oder die Wurzeln verteilen sich quer durch alle Beete, und bei manchen Pflanzen hat man als Gärtner für Jahre Spass, bis das Gestrüpp endlich endgültig ausgerottet ist. Und alles begann mit einer kleinen Wurzel.
Der Schreiber des Hebräerbriefs gibt hier eine Anweisung: Habt acht! Passt auf! Denn die Konsequenzen von bitteren Wurzeln sind brutal. Worauf eine Versammlung oder eine Gemeinde achten soll, ist, dass der Betreffende nicht von der Gnade Gottes fernbleibt oder zurückweicht, so die wörtliche Übersetzung dieses Begriffs. Bittere Wurzeln entstehen also dadurch, dass eine Person bestimmte Dinge nicht vor Gott bewegt, nicht Gott und seine Gnade in bestimmte Situationen fließen lässt, sondern stattdessen diesen Bereich vor Gott verschließt und der Gnade Gottes fernbleibt. Oft sind das Menschen mit tiefen Verletzungen, die einfach nicht über bestimmte Erlebnisse mit Menschen hinweg kommen. Sie können nicht vergeben, und meistens wollen sie nicht vergeben. Sie bleiben der Gnade Gottes fern. Doch hier werden wir aufgefordert: Passt auf, dass genau das nicht passiert!
Denn die Folgen sind schlimmer, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Jemand, der eine bittere Wurzel züchtet, richtet Unheil an. Es hat böse Konsequenzen für die gesamte Umgebung. Der griechische Ausdruck enochleo bedeutet auch: quälen, massiv belästigen, beunruhigen, Unruhe stiften. Jemand mit einer bitteren Wurzel hat das Potential, die gesamte Herde in Bewegung zu bringen, und das nicht auf eine gute Weise. Ihr lieben Leiter: Wenn wir eine bittere Wurzel züchten, haben wir das Potential, unseren Schafen mehr zu schaden als wir uns vorstellen können! Nach dem Unheil finden wir den nächsten Schritt: viele werden befleckt. Menschen mit einer bitteren Wurzel sind Dreckschleudern, die die Klamotten von allen rundherum mit einem interessanten Muster verzieren. Doch es ist eigentlich nur ätzend.
Woran erkennt man Menschen mit einer bitteren Wurzel? Sie reden ständig von dem massiven Unrecht, das ihnen widerfahren ist. Sie nutzen jede Gelegenheit, um noch einmal ihre völlig richtige Position und die völlig falsche Position ihres Gegenspielers zu beschreiben und zu erklären, dass sie ja alles versucht haben, aber der andere… Wenn du jemandem zuhörst, der sich über das widerfahrene Unrecht beklagt, dann geh in Deckung. Hier ist gerade jemand dabei, dich mit seinem Dreck zu bewerfen. Und wenn wir das nicht erkennen, kommen wir selbst in Bewegung, weil dieses Unrecht doch beseitigt werden muss! Da muss man doch was tun! Und schon stürzen wir uns mit heinein, und das Unheil nimmt seinen Lauf.
Menschen mit bitteren Wurzeln ertragen es nicht, diese Dinge von der natürlichen Seite her ruhen zu lassen und stattdessen damit vor Gott zu gehen. Manchmal geraten sie sogar in Rage über diese Dinge und überlegen sich, was sie jetzt machen, denn das kann man doch nicht so stehen lassen! Oft reden diese Menschen in einer Art und Weise, die die Zuhörer oder Beteiligten in zwei Lager spaltet. Die einen hören sich die Dinge an und schlagen sich voll auf die Seite dieses Opfers. Doch die anderen kennen möglicherweise die zweite Seite dieser Medaille und halten sich zu den vermeintlichen Gegnern. Die Folge: Freundschaften gehen auseinander, Menschen werden entzweit und der Weg bis zu einer zumindest unterschwelligen Gemeindespaltung ist nicht mehr weit. Was ist passiert? Die bittere Wurzel konnte aufwachsen, weil die Person nicht vor Gott damit gegangen ist (und niemand darauf geachtet hat, dass genau das nicht passiert), sie hat viele weitere Menschen in Bewegung gebracht und mit Dreck geworfen. Diesen Dreck können wir getrost auch als Saat bezeichnen, denn wenn die Dinge auch bei anderen in Bewegung kommen, hat sich die bittere Wurzel weiter ausgebreitet. Übrigens bringt diese Wurzel auch im Leben dieser Menschen Frucht! Ich habe gerade Fälle beobachtet, wo verschiedene langjährige und enge Freundschaften plötzlich aus scheinbar trivialen Gründen auseinandergehen. Kinderkram? Oder eine Frucht, die Resultat einer Wurzel ist, die sich weiter ausgedehnt hat? Denn interessanterweise gibt es zwischen diesen Fällen, die sich untereinander gar nicht kennen, keinen auf den ersten Blick erkennbaren Zusammenhang. Doch bedenke: Aus Wurzeln werden Bäume, die Früchte bringen.
Wir werden morgen noch ein wenig an dieser Thematik weitermachen. Wenn du Menschen um dich herum hast, die potentielle Träger von bitteren Wurzeln sind, dann sei sehr vorsichtig, inwieweit du dich vor ihren Karren spannen lässt. Wenn du gerade Konsequenzen erlebst, weil du bereits mit in diesen Sog geraten bist, dann bewahre dein Herz! Lass nicht zu, dass dich die Bitterkeit anderer ansteckt. Gehe du damit bewusst in Gottes Gegenwart und lass seine Gnade in dieses Gebiet fließen. Das ist das einzige Gegengift gegen bittere Wurzeln.