Da machte sich Jerub-Baal, das ist Gideon, früh auf mit dem ganzen Volk, das bei ihm war, und sie lagerten sich bei der Quelle Harod (Ri 7,1)

Ein Kapitel vorher war ein verängstigter Gideon beim Weizendreschen in der Kelter von einem Engel besucht worden, der ihm ausrichtete, dass Gott mit ihm sei, du tapferer Held (Ri 6,12). Danach stieß er erst ein populäres Götzenstandbild um, und als nächstes bereitete er sich darauf vor, in den Krieg zu ziehen. Gideon hatte einen Spitznamen bekommen, der sinngemäß bedeutet: Soll Baal doch gegen ihn antreten, wenn er sich traut. Aus dem ängstlichen Gideon war ein ziemlich kühner Typ geworden. Und das alles nur wegen einem Engel, der ihm einen Gedanken in den Kopf setzte.

Wir haben gestern den steinigen Weg von Saulus betrachtet, den die Brüder aus reinem Selbstschutz nach Hause schickten. Jahre später sehen wir einen veränderten Mann (übrigens ebenfalls mit einem veränderten Namen) und noch mehr Jahre später halten wir heute eine Bibel in der Hand, in der sehr große Anteile aus der Feder von Paulus stammen. Bei ihm hat was gefunkt. Paulus musste erkennen, dass er als der heißspornige Saulus nichts ausrichten konnte im Reich Gottes. Er brauchte eine Veränderung. Darüber schreibt er selbst an die Römer: Passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern lasst euch in eurem Wesen verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes… (Röm 12,2). Das griechische Wort für verwandeln lautet metamorphoo. Darin steckt das Wort Metamorphose. Dieses Verb erscheint im Neuen Testament nur vier Mal. Jedes Mal geht es um die Veränderung von einem Zustand in einen anderen. Die Verklärung Jesu auf dem Berg ist das wichtigste Beispiel dazu. Jesus erscheint vor den Augen der Jünger plötzlich wie eine Lichtgestalt, das Aussehen seines Angesichts wurde anders und sein Gewand strahlend weiß (Lk 9,29). Der griechische Ausdruck für diese Verwandlung ist metamorphoo. Es ist mehr als eine Verwandlung gewesen, es war eine Umgestaltung.

Im Tierreich machen Schmetterlinge diese Metamorphose durch. Zunächst sind sie Raupen, dann verpuppen sie sich, und schließlich schlüpfen sie als Schmetterling. Sie verändern sowohl ihre Bezeichnung als auch ihre Fähigkeiten vom kriechenden Wurm zu einem fliegenden Falter. Doch sie haben diesen Anstoß zur Metamorphose genetisch in sich angelegt. Jesus machte diese Verwandlung im Gebet durch (und erschien anschließend wieder als Mensch). Paulus fordert uns allerdings ebenfalls zu einer solchen Metamorphose auf, doch er sagt: Der Schlüssel für die Umgestaltung deines Wesens liegt in der Erneuerung deines Denkens.

Eine englische Bibelstudienhilfe beschreibt diesen Begriff Denken oder Sinn (im griechischen nous) mit Verstand, Wahrnehmung, Unterscheidungsfähigkeit, Fühlen, Beurteilen, die Fähigkeit, göttliche Dinge zu erkennen und das Böse zu hassen.

Paulus sagt uns also: Wenn ihr beginnt, anders wahrzunehmen, das Richtige und das Falsche zu unterscheiden, wenn euer Fühlen sich verändert, wenn ihr erkennen könnt, was göttlich ist, dann wird das Euer Wesen verändern.

Unser Wesen ist die Gesamtüberschrift über unserem Denken und Handeln, unserem Temperament, unserem Fühlen und Handeln, unseren Vorstellungen und Wünschen. Es ist sozusagen die Zusammenfassung unseres Seins, geprägt durch unser Fühlen, Wollen, Können und den Handlungen, die wir aufgrunddessen tun. Unser Wesen ist geprägt durch die Natur des gefallenen Menschen. Wenn wir nun versuchen, mit diesem unveränderten Wesen in die Ebenen des Reiches Gottes einzusteigen, wird das unausweichlich zu einem Chaos a la Saulus, hau ab nach Tarsus! führen. Das haben wir uns gestern angesehen. Und was Saulus in seinem unerneuerten Zustand erreichen wollte, war ja nicht einmal falsch. Nur die Art und Weise ging einfach nicht. Doch Saulus konnte ja gar nicht anders, weil es zutiefst seinem unerneuerten Wesen entsprach. Er brauchte eine Metamorphose.

Das Geheimnis unserer Metamorphose liegt in dem Wunder, das ich bis heute nicht einmal ansatzweise begreife: Christus in mir. Als wir von neuem geboren wurden, ist Jesus persönlich in uns eingezogen. Und das macht alles anders, denn das ist der einzige Grund dafür, dass wir anfangen können, anders zu denken, zu fühlen und zu wollen. Ohne Jesus ist es eine reine Dressur. Mit Jesus und der Kraft aus dem Reich Gottes wird es eine Erneuerung unseres Sinnes, die sich schließlich auf unser Wesen auswirkt.

Es ist ein Zusammenspiel zwischen uns und dem Wort Gottes, das wir durch unseren erneuerten Geist überhaupt erst ergreifen können, und zwischen uns und dem Heiligen Geist, der erst jetzt mit uns kommunizieren kann. Wir nehmen das Wort Gottes in uns auf, das Kraft hat. Es macht etwas mit dir! Es kann deine Seele erretten (Jak 1,21). Das Wort hier bedeutet sozo und steht für vollkommen heil machen, in Ordnung bringen, wiederherstellen. Das Wort Gottes arbeitet an der Struktur deiner Seele. Gleichzeitig kann der Heilige Geist mit uns kommunizieren, wenn wir gerade auf dem Weg zu den sprichwörtlichen Schweinen sind. Er kann in unser Denken, Fühlen und Wollen hineinsprechen und uns auf alles aufmerksam machen, was nicht gut ist. Auf diese Weise fangen wir an, Dinge anders zu machen als bisher. Unter einer Voraussetzung allerdings: wir entscheiden uns dafür! Du musst weder dem Wort Gottes noch dem Heiligen Geist gehorsam sein. Es ist deine und meine Entscheidung.

Doch wenn wir uns dafür entscheiden, ist das die gleiche Chance, die Saulus genutzt hat. Er ließ sich umgestalten und wurde zu einem Segen, von dem wir noch heute profitieren. Wenn wir uns dafür entscheiden, begeben wir uns in einen Prozess, der lebenslang sein wird. Doch es wird immer besser! Denk an die kleine grüne Raupe, aus der ein Schmetterling hervorgeht.