Folgt mir nach, und ich will euch zu Menschenfischern machen! (Mt 4,19)
Mit dieser recht trickreichen Aussage beruft Jesus seine ersten Jünger – allesamt Fischer. Die Jungs mögen gedacht haben: Ok, Fische fischen können wir schon. Das wäre ja mal eine interessante Abwechslung. Doch damit ließen sie sich auf ein Abenteuer ein, das mit Fischfang allenfalls noch eine metaphorische Ähnlichkeit hatte. Praktisch nichts von dem, was sie auf ihren Booten gelernt hatten, konnten sie anwenden. Stattdessen gab es ein knackiges Arbeitsprogramm: Kranke heilen, Dämonen austreiben, Brote vermehren, den Wetterbericht umschreiben, auf dem Wasser laufen, und ähnliches mehr. Einen einzigen Fisch durfte Petrus noch fangen, um in dessen Maul den erforderlichen Betrag für die Begleichung der fälligen Tempelsteuer zu finden. Aber immerhin: Die Massen kamen – Mission Menschenfischerei geglückt.
Mich amüsiert bei Gott immer wieder eine Sache – und ich selbst falle immer wieder darauf rein: Wenn Gott uns beruft, gebraucht er dabei Vokabeln, die wir sehr gut kennen. Schließlich muss Gott ja irgendwie zu uns in einer verständlichen Sprache reden. Doch seine Interpretation dieser Vokabeln sieht sehr oft ganz anders aus als unsere. Was haben die Jünger wohl erwartet, als sie Top-Positionen in der Menschenfischerei angeboten bekamen? Sicher konnten sie sich denken, dass es um viel und groß gehen würde, denn das sind wichtige Attribute für Fischer. Aber sonst? Was ist bitte das Aufgabenpofil für den ersten Menschenfischer, den die Welt ja noch gar nicht gesehen hat? Macht es überhaupt Sinn, sich für diese Stelle zu bewerben?
Wenn es um unsere Position (oder wie auch immer man das bezeichnen soll) im Reich Gottes geht, muss uns eine Sache permanent bewusst sein und bleiben: Es gibt neben der rein geistlichen Dimension (dem Dienst am Reich Gottes) ebenso die total natürliche Dimension (Planet Erde und alles, was dazu gehört). Die Unwissenheit darüber ist einer der größten Stolpersteine für alle, die in den Vollzeitdienst eintreten wollen. Und ich spreche aus Erfahrung… Wenn wir wissen, dass Gott eine geistliche Berufung, vielleicht sogar in den Vollzeitdienst hat, dann ist zunächst einmal eine Sache total wichtig: Nüchternheit! Denn im ersten Moment denken wir meistens nur an die glory-halleluja-Zeiten in der Gegenwart Gottes, an kraftvolle Salbung, Zeichen und Wunder, Offenbarungen, Visionen und ähnliche Manifestationen des Reiches Gottes. Und wir denken oft: Wenn es erst mal soweit ist, werde ich… Und dann kommt eine gedankliche Aufzählung, die ungefähr folgendermaßen aussehen könnte: mehr Bibel lesen, mehr beten, mehr Fürbitte tun, mehr vom Heiligen Geist geleitet sein, mehr Finanzen investieren, mehr für bestimmte Dinge glauben, mehr im Glauben sprechen usw. Und dann kommt Liste zwei: Ich werde weniger fernsehen, weniger rumgammeln, weniger Zeit verschwenden, weniger Geld für Klamotten ausgeben, weniger rauchen oder Alkohol trinken, weniger tratschen, weniger ungesundes Zeug essen, usw.
Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich: In dem Moment, wo Gott dich in seinen Dienst beruft oder sogar für diesen Dienst aktiviert, veränderst du dich kein Stück! Alles, was du heute tust, bevor du in den Dienst kommst, wirst du auch weiterhin tun. Alles, was du heute nicht tust, wirst du auch dann nicht tun. Das ist der unangenehme Teil. Der gute Teil der Nachricht ist: Gott beruft und gebraucht dich trotzdem! Gott wählt dich nicht aufgrunddessen, was du tust, sondern aufgrunddessen, wer du bist. Und doch beginnt ein Ausbildungsprogramm, wo du vermutlich relativ schnell feststellen wirst, dass dein Charakter, deine Gewohnheiten, deine Denkweise usw. geglättet werden. Das kann auf feine Weise passieren, das kann aber auch relativ brachial abgehen. Petrus wird uns dazu im Himmel sicher einiges erzählen können, wenn wir ihn mal nach der „Ich werde dich niemals verleugnen, Jesus“-Nummer und dem späteren Frühstück mit Jesus am Strand fragen.
Eine Sache hilft vielleicht. Mit dem Gedanken, dass Gott uns für seinen Dienst beruft, geht oft eine gewisse „Ich bin halt geistlicher als alle anderen“-Haltung einher. Entschuldige bitte, aber nein, das bist du nicht unbedingt. Vor allem bist du nun in der Position für die Korrektur und Erziehung Gottes! Wenn wir den Ruf Gottes ernsthaft spüren und ihm nachkommen, beginnt vor allem eines: gründliche Arbeit an unserem Charakter in erster Linie und an unserer Lebensführung in zweiter Linie. Viele Diener Gottes, die heute einen großen Namen haben, sind durch Zeiten gegangen, in denen sie sich am liebsten unter dem Teppich verkriechen wollten. Bevor Gott uns wirklich in Sauberkeit gebrauchen kann, muss sehr oft sehr viel mit unserer menschlichen Seite geschehen. Das dient nicht nur dem Schutz der Menschen, mit denen wir im Dienst in Berührung kommen werden, sondern auch unserem eigenen.
Noch einmal: Wenn Gott dich beruft, dann nicht, weil du so toll bist, sondern weil ER toll sein will in dir. Das heißt nicht, dass deine Gaben und Talente keine Rolle spielen dürfen. Bitte, ich liebe es, wenn Christen das, was sie tun, großartig, exzellent und mit Salbung und Können tun, so daß jeder in Staunen versetzt wird. Doch solange unser Fokus auf uns, unsere Gaben, unsere Fähigkeiten und unsere Vorstellungen liegt, geht das Schleifprogramm weiter. Es gibt nur einen Faktor, der uns für eine Erhöhung und Beförderung bei Gott und durch Gott qualifiziert: Demut.