Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden! (2 Kor 5,17)

Wer mich kennt, weiß, dass ich Gottes Wort so nehme, wie es geschrieben steht. Und da kann ich schon mal nervtötend werden, wenn man mir lustige „Rezepte“ anbietet, wie man denn das Wort Gottes garantiert wirksam lassen werden kann. Meistens sind das Rezepte, die zwar hochgeistlich aussehen, bei genauerem Hinsehen allerdings nichts anderes als pseudogeistlicher Quatsch sind, der mit Gottes Wort nichts zu tun hat. Aber: mir wird selbst gerade immer deutlicher, dass wir das Wort Gottes nicht wortwörtlich nehmen können – vielmehr müssen wir es genau nehmen. So auch diesen Vers heute morgen.

Es gibt Christen, die sich hinter dieser Aussage verschanzen: Ich bin von neuem geboren, ich bin eine neue Schöpfung, das Alte ist vergangen, es spielt keine Rolle mehr, basta. Das Alte ist vorbei, bye, bye. Wirklich? Ist mit der Bekehrung wirklich das Alte bzw. die Vergangenheit volkommen ausgelöscht? Und was ist denn dieses „Alte“ eigentlich? Und was sagt es uns für das „Neue“ oder für unsere Zukunft? Interessanterweise höre ich diesen Satz immer im Zusammenhang mit schmerzhaften Erfahrungen der Vergangenheit. Unter Anwendung dieses Verses wird gern das unter den Teppich gekehrt, was sich in diesen Menschen auf der Gefühlsebene, also in der Seele, wie eine eiternde Wunde immer tiefer gräbt. Ihr Lieben, wir müssen begreifen, wie das mit Geist, Seele und Körper funktioniert.

Zunächst einmal bezieht sich dieser Vers eindeutig auf die Natur, die wir vor Gott haben, und da gibt es nur zwei Möglichkeiten: gerecht gemacht durch Christus, oder getrennt von Gott durch die Sünde. Es geht hier darum, dass unsere alte Natur durch Jesus abgelegt wird und die neue Natur, die neue Schöpfung angenommen wird. Die neue Schöpfung besteht darin, dass wir ab diesem Moment aus Gott geboren sind, Söhne des lebendigen Gottes, Tempel des Heiligen Geistes, vollkommen reingewaschen von jeglicher Sünde, gerecht gemacht vor Gott. Hier geht es ausschließlich um die geistliche Ebene. Der Geist, der durch den Sündenfall von Gott abgetrennt wurde, wird neu lebendig gemacht und hat von diesem Moment an vollen Zugang zu Gott und dem Reich Gottes.

Was ist mit unseren beiden anderen Attributen – Seele und Körper? Der Körper ist grundsätzlich den Verfallsprozessen auf Erden unterworfen. Im Moment unserer Wiedergeburt stoppt der Alterungsprozess nicht einfach. Die Körperfunktion ändert sich nicht, und eine heiße Herdplatte ist für unsere Finger nach der Bekehrung noch genauso heiß wie vor der Bekehrung. Doch der Körper kann unter den Einfluss der Kraft Gottes kommen und übernatürlich geheilt und gestärkt werden. Übrigens muss man dafür nicht einmal von neuem geboren sein. Es gibt reichlich Heilungswunder, die Ungläubige erleben und auf diese Weise die Kraft Gottes quasi am eigenen Leib erfahren.

Die Seele allerdings ist ein hochgradig interessantes Konstrukt. Zunächst einmal wird Seele definiert als Wille, Verstand und Gefühl. In der Seele laufen Entscheidungsprozesse, Denkprozesse und emotionale Prozesse ab. Wir fühlen, urteilen und wollen mit unserer Seele. Und die Seele ist deshalb so interessant, weil sie eben nicht sofort bei unserer Bekehrung ausgetauscht wird. Wille, Verstand und Gefühl ändern sich nicht von einem Moment auf den anderen. Und das wird von vielen Christen unterschätzt.

Die Seele ist der Bereich, der umgestaltet oder transformiert werden muss. Der Geist ist mit einem Schlag erneuert. Der Körper kann unter die Kraft Gottes kommen und erneuert werden. Die Seele ist der Bereich, der bis zu unserem Lebensende die wahrscheinlich größte Baustelle unseres Lebens darstellt. Warum? Weil sie menschlich bzw. natürlich geprägt ist und sich so benimmt, als wäre nichts passiert. Wir denken, fühlen und wollen in der Sekunde nach unserer Bekehrung noch genau so wie eine Sekunde vor unserer Bekehrung. Auf der seelischen Ebene ist erst einmal gar nichts passiert. Doch von diesem Moment haben wir eine Aufgabe, die größer und manchmal schmerzlicher sein kann, als alles zuvor Dagewesene: Die Heilung unserer Seele.

Unsere Seele ist formbar. Das ist das Gute daran… Aber unsere Seele ist nicht nur ein riesiger Gefühls- und Erinnerungsspeicher, sondern kann auch extrem stark sein. Das ist das Schwierige daran… Und nun besteht die Aufgabe also darin, unser Denken, Fühlen und Wollen in Einklang mit unserer neuen Natur und mit dem Wort Gottes zu bringen. Und genau an dieser Stelle scheitern wir (manchmal, oft, immer wieder, in bestimmten Bereichen – das musst du für dich beurteilen). Es gibt nach meiner Beobachtung zwei große Lager (und einige kleinere) in der Christenheit. Die einen sagen: Ich habe vergeben, aber ich kann und will nicht vergessen. Die anderen sagen: Alles vorbei. Ich bin eine neue Schöpfung, das Alte hat mit mir nichts mehr zu tun, basta. Die einen halten an den Erinnerungen und Gefühlen der Vergangenheit fest, die anderen ignorieren und leugnen ihren Einfluss auf ihr heutiges Leben. Beides ist fatal.

Ihr Lieben, wir müssen uns mit unserer Seele auseinandersetzen. Und das größte Gebiet dabei sind unsere Emotionen und der Schmerz der Vergangenheit. Denn nichts anderes kann so sehr Einfluss auf die Entscheidungen der Zukunft nehmen und Türen (für Gott wohlgemerkt!) verschließen. Wenn du zum Beispiel jemanden sagen hörst: Ich werde nie wieder jemandem dieses oder jenes anvertrauen. Ich werde nie wieder dieses oder jenes tun, dann kannst du mit Sicherheit davon ausgehen, dass hier eine ungeheilte Seele entscheidet – nicht der Geist. Wenn wir selbst sagen: Ich habe vergeben, aber ich werde nie vergessen… Ich habe vergeben, aber nie wieder wird jemand die Chance bekommen, mir das gleiche noch mal anzutun, dann liegt eine riesige Baustelle in unserem Leben brach.

Unsere Seele muss geheilt werden. Und das geht nur durch das Wort und den Geist Gottes. Denn wenn wir das nicht zulassen, kann Gott nur einen bestimmten Weg mit uns gehen, weil wir die Kontrolle über die Dinge nicht aus der Hand geben werden. Und wo Kontrolle beginnt, ist Manipulation nicht mehr weit…