So oft sich die Wolke von dem Zelt erhob, brachen die Kinder Israels auf; an dem Ort aber, an dem sich die Wolke niederließ, da lagerten sich die Kinder Israels. (4 Mose 9,17)
Wahrscheinlich weißt du, dass das Volk Israel nach seinem Auszug aus Ägypten von Gott auf die Weise geführt wurde, dass eine Wolkensäule vor ihnen herzog. Bei Nacht war es eine Feuersäule. Bewegte sich die Wolkensäule, bewegte sich das Volk. Bewegte sich die Säule nicht, bewegte sich das Volk nicht. Ganz einfach.
Interessanterweise reden wir meistens nur über die Tatsache, dass die Wolke vor dem Volk herzog und sie der Wolke nachgingen. Doch wenn du diesen Abschnitt in 4. Mose 9 liest, wirst du vielleicht genauso überrascht wie ich. Das, was oft wie eine straffe Reise erscheint, war viel weniger straff und viel weniger durchgetaktet. Ja, das Volk baute sein Lager dort auf, wo die Wolkensäule stehenblieb, und sie bauten das Lager ab, wenn sich die Säule erhob. Und in der Zwischenzeit?? Mal verging nur eine Nacht, mal waren es mehrere Tage, manchmal Wochen oder Monate! Und das Volk hatte keinen Reiseplan, der ihnen die jeweiligen Verweilzeiten mitteilte á la Wüstenreisen.com: „Tag 227 – 285 Aufenthalt in der südwestlichen Ecke der Wüste mit Gelegenheit zum Kamelritt und Sanddünenrodeln für die Kinder“.
Es mag uns ein wenig willkürlich erscheinen, wie Gott dort mit dem Volk verfährt. Kann das Ganze nicht etwas strukturierter ablaufen?? Warum bleiben wir an diesem Sandhaufen 3 Wochen, während wir am letzten Sandhaufen nur für eine Nacht waren? Ist der Sand hier irgendwie farblich schöner oder knirscht er etwas gefälliger zwischen den Zähnen? Und wir erfahren auch nicht, warum das so scheinbar unorganisiert ablief. Wir wissen, dass es reichlich Potential für „fliegende Fetzen“ zwischen den Israeliten gab, aber das Potential ist immer vorhanden, wo mehr als ein Mensch auf einem Fleck versammelt ist – ganz egal, ob das Lager nun aufgebaut, abgebaut oder über Wochen bewohnt wird. Das wird also vermutlich nicht der Einflussfaktor gewesen sein, der den Standortwechsel bewirkte. Was also lernen wir aus dieser seltsamen Geschichte?
Während der Lobpreiszeit in einem unserer letzten Gottesdienste sah ich im Geist, wie von den Menschen in dieser Versammlung Rauchsäulen aufstiegen. Ich wurde sofort an diese Geschichte erinnert. Die Wolkensäule Gottes wird nicht mehr vor dir herziehen, um dir deinen Weg zu zeigen. Gott selbst wohnt in dir, der Heilige Geist ist dein Kompass. Wenn wir lernen, die Führung des Geistes zu erkennen und ihm zu folgen, wird er dafür sorgen, dass wir an unser Ziel kommen, und zwar Etappe für Etappe. Wie beim Volk Israel eben. Doch was wir selten einkalkulieren, sind Wartezeiten.
Ein sehr guter Freund von mir reist seit sieben Jahren nonstop rund um die Welt. Er hat einen Pass und eine Staatsangehörigkeit, aber das ist quasi alles, was ihn mit seinem Heimatland verbindet. Er hat dort keine Wohnung und keinen Besitz mehr. Er reist in die Nation, die Gott ihm zeigt, dort bleibt er, bis Gott ihm die nächste Etappe zeigt. Er sagte mir mal: „Das Schwierigste daran ist das Warten.“ Allmählich verstehe ich, was er meinte…
Ich weiß nicht, wie du gestrickt bist. Ich habe eine Vision für mein Leben. Ich habe Pläne und Ziele, und ich weiß, dass es schlussendlich Gottes Pläne und Ziele für mein Leben sind. Warten ist für mich tendenziell Zeitverschwendung. Das Volk Israel befand sich auf der Reise ins verheißene Land. Warum also bitte Tage, Wochen oder sogar Monate lang Stillstand?? Für mich persönlich ist es eine größere Herausforderung als Gott für meine Versorgung zu glauben… Keine Ahnung, ob du verstehst, was ich meine. Vielleicht ist dieser Blog heute morgen auch nur für mich.
Was macht man mit Wartezeiten? Zunächst einmal empfiehlt es sich ab und an zu überprüfen, ob man bildlich gesprochen gerade auf den Schienen steht und den Zug am Einfahren hindert. Wenn aber alles in Ordnung ist, gibt es zwei Möglichkeiten: am Rad drehen oder entspannen. Wenn du im Stau stehst, ist dieses Phänomen schön zu beobachten – vielleicht auch an dir selbst oder deinen Mitreisenden. Aufs Lenkrad trommeln, unruhig hin und her rutschen, aussteigen und wieder einsteigen – am Rad drehen halt. Beschleunigt das den Stauabbau? Eher nicht. Macht es dich selbst ruhiger und gelassener? Nicht im geringsten. Schraubt es das Konfliktpotential mit deinen Mitreisenden in die Höhe? Aber hallo. Alternativ könnte man in seinem Buch lesen, eine Runde telefonieren und alle paar Minuten einen Meter vorfahren. Entspannt bleiben halt.
Darum geht es in den Wartezeiten. Es sich so entspannt wie möglich zu machen und den Rest des Lebens nicht schleifen lassen. Bist du unterwegs, kannst du dein Zelt nicht flicken und keine Hufpflege an deinem Kamel vornehmen. Aber wenn die Reise weitergeht, sollte alles in Schuss sein!
Vertraue darauf, dass der Heilige Geist weiß, was er tut. Gibt er das Signal zum Aufbruch, bist du bereit. Baut er dir einen Aufenthalt an Sanddüne Nr. 46 ein, dann entspann dich und vertraue darauf, dass du den nächsten Aufbruch nicht verpasst. Vertraue darauf, dass alles gut ist, der Heilige Geist mit dir ist, und dass Gott dich nicht an Sanddüne Nr. 46 vergisst. Frag ihn mal, ob dein Zelt oder dein Kamel eine Sonderbehandlung braucht, oder was sonst gut zu erledigen wäre. Und wenn’s mal wieder länger dauert: tief durchatmen und noch mal entspannen… Und lernen, wie Paulus in allen Dingen zufrieden – also im FRIEDEN – zu sein (Phil 4,11).
So, Ines, alles klar? Oder lesen wir den Text noch mal von vorn?
Eva sagte:
Der blog ist nicht nur für Dich. Nur dass ich Probleme mit dem Warten und der Versorgung habe. Aber ich bleibe dran. Danke!