.. und hast uns zu Königen und Priestern gemacht für unseren Gott, und wir werden herrschen auf Erden (Offb. 5,10).
Seit einigen Wochen beschäftigt mich das Reich Gottes ganz neu. Und ich merke, wie wenig die Christenheit (einschließlich mir) vom Reich Gottes weiß, Reich Gottes denkt, nach Gottes Reich trachtet und es repräsentiert.
Wer ist Jesus? Die schnellste Antwort ist wahrscheinlich „Sohn Gottes“. Als nächstes kommen wir vielleicht darauf, dass er der Retter und Erlöser der Menschheit ist. Aber ist uns in aller Tragweite bewusst, dass Jesus der König ist, der eines Tages faktisch, real und für die gesamte sichtbare und unsichtbare Welt erfahrbar seine Herrschaft antreten wird? Im Englischen wird dieser Sachverhalt deutlicher, wenn vom „Kingdom of God“ die Rede ist: Kein Kingdom ohne King, kein Königreich ohne einen König. Jesus kam in menschlicher Gestalt auf die Erde, wurde als Sohn eines Handwerkers aufgezogen, trat nach ungefähr dreißig Jahren seinen Dienst als Prediger und Verkündiger an und beendete seine irdische Mission am Kreuz, wo er den Weg für die gesamte Menschheit frei machte, wieder eine Beziehung zu Gott zu haben, wie sie von Anbeginn der Zeiten gedacht war. Während dieser gesamten Zeit war Jesus der Sohn Gottes, er wurde zum Retter der Menschheit, aber vor allem war er ein König, der das Fundament für sein Reich legte und dessen Herrschaft erst noch kommen wird. Ist uns bewusst, wie bedeutsam diese Tatsache wirklich ist?
Jesus kam als König auf die Erde, lebte als König unter den Menschen, diente ihnen, indem er sie einen Vorgeschmack auf das Reich Gottes erleben ließ und all ihre Krankheiten heilte, Dämonen austrieb und Tote auferweckte, und vor allem bildete er seine Jünger aus. Was vermittelt ein König denen, die eine tragende Rolle in seinem Reich spielen sollen? Er vermittelt ihnen seine Vision: die Gesetze und Prinzipien seines Reiches, die Kultur seines Reiches und die Strukturen, wie das Reich aufgebaut ist. Die gesamte Lehre Jesu hatte immer nur einen einzigen Fokus: Sein eigenes Reich! Jesus vermittelte seinen Jüngern nicht Sitte und Anstand. Er gab ihnen nicht Moral und Ethik auf den Weg. Er lehrte sie nicht, edel, hilfreich und gut zu sein. Er brachte ihnen bei, das Reich Gottes zu verstehen, dem Reich Gottes würdig zu leben, es angemessen zu repräsentieren und es in Kraft und Wirkung auf Erden auszubreiten.
Ist dir klar, dass die Nachfolge Jesu nicht einfach nur bedeutet, ihm im Denken und Handeln ähnlicher zu werden? Jesus hat uns nicht in erster Linie dazu berufen, ihm ähnlicher zu werden. Und mir ist klar, dass das jetzt eine steile Aussage ist, denn es gibt ja reichlich Bibelstellen, die genau davon sprechen. Doch genau das ist das Problem, das ich mehr und mehr realisiere: Wir haben die wichtigste Überschrift über der gesamten Bibel im Großen und Ganzen unter den Tisch fallen lassen. Wir nehmen die Bibel, wie sie geschrieben ist – aber vergessen, wovon sie wirklich handelt: Sie handelt davon, dass Gott sein Reich auf Erden aufrichten und Jesus Christus als König herrschen wird. Das ist der Plan von der Sekunde des Sündenfalls an, und jede einzelne Seite der Bibel dreht sich um dieses Thema. Und deswegen sind wir nicht allein dazu berufen, Jesus ähnlicher zu werden. Wir sind dazu berufen, mit ihm zu herrschen, Träger und Säulen seines Reiches zu werden. Doch das funktioniert eben nur, wenn unser Denken von dem erfüllt ist, wovon Jesu Denken erfüllt ist – nämlich mit seinem Reich. Verstehst du jetzt, warum ich meine, es geht nicht allein um die Nachfolge Jesu? Wir können Jesus nachfolgen, ihm ähnlicher und ähnlicher werden, doch wenn wir nicht verstehen, was für Jesus die größte Rolle spielt, fehlt uns ein entscheidendes Element in unserer Nachfolge und hindert uns daran, in unsere wahre Berufung einzutreten.
Warum gibt es immer weniger Familienbetriebe und Dynastien? Weil es an Nachfolgern fehlt, die die ursprüngliche Vision des Gründers aufgreifen und fortführen. Viele „alte“ Unternehmen wurden mit einem klaren Ziel gegründet, das mehr war als Profit und Wachstum. Doch wenn der Gründer und Visionär niemanden findet, der in seinem Sinne die Nachfolge antritt, bleibt der Betrieb zwar oft noch lange bestehen, weil Wachstum und Profit stimmen. Doch die ursprüngliche Vision bleibt auf der Strecke. Warum gibt es viele Gemeinden, aber wenige Zeugnisse von der manifesten Kraftwirkung Gottes? Weil wir viel „Richtiges“ tun, aber die Vision des Gemeindegründers Jesus nicht weitergetragen haben. Wir verkündigen Aspekte des Evangeliums, aber (meistens) nicht das Evangelium vom Reich.
Irgendwie wurden aus den Nachfolgern Jesu „Christen“. Doch unsere eigentliche Berufung besteht weniger darin, ein guter „Christ“ zu werden als vielmehr darin, als Könige und Priester unter der Königsherrschaft Jesu mit ihm herrschen zu können, weil wir seine Vision von seinem Königreich zum Dreh- und Angelpunkt unseres Denkens und Wollens gemacht haben. Unser Leben auf Erden hat vor allem diesen Sinn: Mit den Talenten zu wuchern, die uns anvertraut worden sind, um den Lohn zu empfangen, den Jesus uns eigentlich einmal geben will: Herrschaft in seinem Reich (Lk 19,17).
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Als Vertiefung zu diesem Beitrag bietet sich die mp3-Botschaft Miterben Christi (Auszug aus der Skype-Lehre) an.