Denn am ersten Tag des ersten Monats begann der Hinaufzug von Babel, und am ersten Tag des fünften Monats kam er in Jerusalem an, weil die gute Hand seines Gottes über ihm war. Denn Esra hatte sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz des Herrn zu erforschen und zu tun, und in Israel Gesetz und Recht zu lehren. (Esr 7,9-10)

Um es gleich vorweg zu sagen: Gott liebt jeden von uns exakt gleich. Keiner ist ihm „lieber“, keiner wird bevorzugt, keiner wird benachteiligt. Wir alle als Kinder Gottes sind Schafe seiner Weide (Hes 34,11ff), er ist der Hirte, der für uns sorgt, wie wir es brauchen. Übrigens ist neben der Offenbarung über Jesus als unseren Hirten auch die Tatsache sehr interessant, dass Gott uns eben als Schafe auf seiner Weide sieht und den Menschen so angelegt hat, dass er einen Hirten braucht (Mt 9,36). Das gibt dem Ganzen noch einmal eine besondere Dynamik, die es wert ist, betrachtet zu werden. Heute allerdings geht es nicht darum, sondern es geht um die Frage, warum es doch scheinbar Menschen gibt, die von Gott bevorzugt werden.

In diesen beiden Versen oben hat als erstes die Aussage meine Aufmerksamkeit geweckt, dass Gottes gute Hand über Esra war. Warum diese besondere Detaillierung? Warum erwähnt die Bibel diesen Aspekt, wo doch in Vers 6 nur von der Hand die Rede ist? In Vers 6 allerdings sehen wir die Auswirkung dessen: Der König gab ihm alles, was er erbat. Das Wort gut heißt auf hebräisch tob. Es umfasst eine ganze Reihe von Bedeutungen: gut, nützlich, erfreulich, wertvoll, reichlich, schön, angenehm, gütig. Die gute Hand ist nicht einfach nur irgendwie „nett“, sondern sie ist nützlich, wertvoll, reichlich angenehm etc. Wenn Gottes gute Hand auf unserem Leben liegt, sorgt das für Konsequenzen! Es ist das direkte Wirken Gottes, das Dinge (im wahrsten Sinne des Wortes) in Bewegung setzt.

Vers 10 beginnt mit dem aufschlussreichen Wort „denn“ und gibt uns damit die Begründung dafür, warum Esra genau diese Seite Gottes erlebte: Er hatte sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz des Herrn zu erforschen, zu tun und zu lehren. Esra hatte eine Entscheidung getroffen. Das Wichtigste für ihn, der Antrieb seines Lebens, seine Vision sozusagen bestand darin, das Gesetz des Herrn (oder in unserem Sprachgebrauch: das Wort Gottes) ins Zentrum seines Lebens zu rücken. Diese Entscheidung ist nicht selbstverständlich, denn man trifft viele Christen, die zwar an Jesus glauben, beten, in die Gemeinde gehen, Bibel lesen usw., aber das bedeutet nicht automatisch, dass Gottes Wort für sie der absolute Maßstab ist. Ob es unser Maßstab ist, zeigt sich in den Situationen, in denen wir eine Entscheidung treffen müssen – die Entscheidung nämlich für den breiten und bequemen Weg (was mir jetzt gerade besser passt) oder den schmalen und unbequemen Weg (was Gottes Wort sagt).

Esra war aus einem anderen Holz geschnitzt. Er hatte sich festgelegt. Und wir lesen auch, wie seine Entscheidung im Detail aussah: Er wollte das Wort erforschen, tun und lehren. Diese Reihenfolge ist wichtig. Zunächst einmal machte er sich auf, alles zu erfahren, was Gottes Wort zu sagen hat. Was wir nicht wissen, kann uns nicht zur Last gelegt werden. Doch wenn wir etwas erfahren oder erkannt haben, sind wir in der Verantwortung, gemäß diesem Wissen zu handeln. Manchmal wünscht man sich, bestimmte Informationen nie bekommen zu haben… Aber Esra sah es genau andersherum: Er wollte wissen. Er forschte und suchte und dann tat er den nächsten Schritt: Er handelte. Er untersuchte das Wort Gottes, um zu erfahren, wie er leben sollte! Auch das ist nicht selbstverständlich. Und zuletzt machte er es sich zur Aufgabe, andere ebenfalls darin zu unterweisen. Und auch hier ist es wichtig, dass dies an dritter Stelle steht. Es gibt zahlreiche Beispiele für „Lehrer“, die zwar forschen, aber nicht leben, was sie anderen vermitteln. Esra ging es nicht in erster Linie darum, andere zu lehren. Es ging ihm in erster Linie um sein persönliches Leben. Und er lehrte auch nicht nur aus der Theorie, sondern er lehrte aus seinem Leben, aus seinen Erfahrungen. Offensichtlich hatte er sich einen beachtlichen Ruf erworben, denn in Vers 7 sehen wir, wer ihn alles freiwillig begleitete: Etliche von den Kindern Israels und von den Priestern und Leviten, von den Sängern und Torhütern und Tempeldienern.

Noch ein Wort zur „wertvollen, reichlichen Hand“ Gottes. Ja, damit gingen kostbare Dinge einher. Gott machte Esra reich. Das kannst du in den Versen 14-24 nachlesen. Aber jemand von Esras Format setzt diesen Reichtum so ein, wie es sich gebührt: Zum Bau des Tempels nämlich und nicht zur persönlichen Bereicherung (wobei man davon ausgehen kann, dass Esra und seine Begleiter gut versorgt wurden).

Es sind unsere Entscheidungen und Prioritäten, unser Umdenken und Handeln und auch die Art von Einfluss, die wir auf andere nehmen, die Gottes Aufmerksamkeit erregen. Denn die Augen des Herrn durchstreifen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist (2 Chr 16,9). Die gute Nachricht ist: Wir können ebenfalls in diese Esra-Kategorie fallen, indem wir unser Leben ähnlich ausrichten und Prioritäten setzen, die dem Wort Gottes und dem Wesen Gottes entsprechen, und dann werden auch wir erleben, wie Gottes gute, nützliche, erfreuliche, wertvolle, reichliche, schöne, angenehme, gütige Hand über unserem Leben ist.