Kommt her, ihr Kinder, hört auf mich; ich will euch die Furcht des Herrn lehren! (Ps 34,12)
Die Furcht des Herrn – ein Thema, das meinem Empfinden nach im Großen und Ganzen unterbelichtet ist. Und bis vor einiger Zeit war die Furcht des Herrn für mich irgendwie noch nicht so richtig greifbar. Bemerkenswert ist, dass sie gelehrt werden muss! Und wenn es ein Thema ist, das gelehrt werden soll, bedeutet es im Umkehrschluss, dass wir die Furcht des Herrn lernen können und müssen.
Ich bin diesem Thema ganz neu auf die Spur gekommen, als ich in meiner Skype-Lehrgruppe über verschiedene Glaubensthemen sprach. Nach einer Einheit über „Glaube und Gehorsam“ kam eine Einheit über „Glaube und Unterordnung“ und da hat es bei mir klick gemacht. Lass uns diesen Brückenschlag einmal nachvollziehen.
Glaube ermöglicht es uns, gehorsam zu sein. Wir lesen die Bibel, hören das Reden Gottes und tun, was uns gezeigt wird, einfach aus Gehorsam heraus, weil wir wissen, dass Gottes Wege und Pläne gut und richtig sind. So hat Abraham das auch erlebt (Hebr 11,8). Gehorsam aus Glauben heraus ist ein guter Anfang. Wir entscheiden uns, gehorsam zu sein. Unterordnung ist eine andere Dimension, die uns noch viel tiefer führt. Unterordnung bedeutet, dass wir unsere Position innerhalb eines (zunächst einmal sozialen) Gefüges verstehen. Wir wissen, wer die Leitung hat, wer etwas zu sagen hat (das können ja tatsächlich wir selbst sein) und nehmen unsere Position dementsprechend ein und richten unser Handeln entsprechend aus. Gehorsam ist eine Handlung. Unterordnung ist eine Haltung. Wir können gehorsam sein, ohne uns dabei unterzuordnen. Doch es ist unmöglich, uns unterzuordnen, ohne auch gehorsam zu sein.
Unterordnung unter Gott ist nur dann wirklich möglich, wenn wir verstehen, wer er ist. König David ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Als er Goliath besiegte, wusste er, dass es nicht sein olympiareifes Zielvermögen war, dass Goliath den Kopf kostete, sondern dass der Herr Goliath ausgeliefert hatte (1 Sam 17,45-46). David erkannte seine Position („Der Kampf ist Sache des Herrn“ – V. 47) und wusste, was er zu tun hatte. Deswegen konnte David auch immer die Ehre für seine Siege Gott geben. Er lebte in der Unterordnung und war aus dieser Unterordnung heraus gehorsam. Jeden Kriegszug stimmte er mit Gott ab, bevor er sich ins Getümmel stürzte (z. B. 1 Chr 14,8-17).
Psalm 34 ist eine hervorragende Beschreibung von Davids Beziehung zu Gott und es lohnt sich, die Entstehungsgeschichte dieses Psalms nachzuvollziehen. David gibt hier tiefen Einblick in sein Herz, sein Denken, seine Überzeugungen und seine Erfahrungen. Wir finden allein in diesem Psalm drei verschiedene Verheißungen, die mit der Furcht des Herrn einhergehen und deren Wirksamkeit David erlebt hat. Und wir finden auch verschiedene Aufgaben, die wir zu lernen haben – denn wie gesagt: Die Furcht des Herrn ist eine Lernsache!
In den Versen 14-15 heißt es: Behüte deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, daß sie nicht betrügen;weiche vom Bösen und tue Gutes, suche den Frieden und jage ihm nach. Interessant, oder? Ich habe lange geglaubt, Furcht Gottes hätte nur mit meiner Einstellung Gott gegenüber zu tun, dass es nur darum ginge, Ehrfurcht, Respekt, Achtung, Ehrerbietung Gott gegenüber zu haben. Doch hier sehen wir, dass das längst nicht alles ist. Vielmehr geht es auch darum, wie wir uns im Umgang mit anderen Menschen verhalten.
Das Neue Testament hat sehr, sehr viel über unseren Umgang mit anderen zu sagen. Jesus sagte: Nehmt auf euch mein Joch und LERNT von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig (Mt 11,29). Auch hier sehen wir wieder einen Aspekt, den Jesus uns zu lernen gebietet. Doch wie ernst nehmen wir diese Aussage? Wie wichtig ist uns die Lektion „Sanftmut und Demut“? Und warum ist das oft so schwierig? Weil es an unsere persönliche Komfortzone geht und uns (in unseren eigenen Augen) oft in eine unangenehme und scheinbar ungerechte oder benachteiligte Position bringt. Und damit sind wir bei einem Kern der Furcht des Herrn: Dabei geht es überhaupt nicht um uns, sondern allein um Gott. Und damit machen die Verse 19 und 20 aus Psalm 34 ganz neu Sinn: Es kann unser Herz brechen und unseren „Geist“ zerschlagen und uns viel Böses erleiden lassen, wenn wir uns für diesen Weg entscheiden. Es ist sehr gut möglich, dass wir schlecht behandelt werden, Vorteile verlieren, zurückgesetzt werden und die Lektion „Santmut und Demut“ uns verbietet, für uns selbst zu streiten. Das kann richtig ans Eingemachte gehen. Und doch ist auch dort die Verheißung da, dass Gott solchen Menschen „nahe“ ist und sie aus allem errettet (Ps 34, 19-20).
Die Furcht des Herrn hat sehr viel mit unserem täglichen, irdischen Leben zu tun. Sie hat praktische Konsequenzen für unser Hier und Jetzt. Sie setzt Engelsdienste frei und sogar Versorgung. Und vor allem hilft sie uns bei einer enorm wichtigen Sache: Unserer Umgestaltung in das Ebenbild Jesu (Röm 8,29).